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Aktuell und erinnernd in Siegerländer Mundart (Platt) und Hochdeutsch
Aktuell und erinnernd in Siegerländer Mundart (Platt) und Hochdeutsch
Mr drenke oos Käffche leewer gemödlich em Setze. (Foto: presseweller)
Übersetzung: Wir trinken unseren Kaffee lieber gemütlich im Sitzen.
Mai 2019. Wie mr emm
Fernseh seh un höarn, es de Weld voller Bapp- un Plastikbecher –
va Milliarde wird geschwatt. Dat sall net good for de Umwelt sinn,
weil de Denger üwerall römleije un entsorscht werrn mösse.
Usserdem mosse de Becher produziert werrn, ob uss Plastik orrer
Bappe. De Lüh schwätze va „Kaffee to go“, also „Kaffee(drenke)
bim Goah.“ Fröaher bruchten mr so e Gedäh net und vor 20 Joahrn
och noch net.
Statt gemödlich e
Köppche Kaffee zom Fröhstöck, noamidachs or op dr Arwet e dr Pause
ze drenke, mache dat veele itz onnerweijns. Se haa et vielleicht
illich. Awwer waröm? Joa, de Ziere sinn „schnellläwich“, awwer
Zitt kaa mr sech trotzdem nämme.
Als Kenner woarn mr
gewohnt, deheim zo fröhstöcke, middachs zo esse un oawends. Manches
Moal och noch nomidachs ne Dong bet Marmelade. Wenn mr zom
Fußballspeelen genge, kreije mr manchmal ne Fläsche bet Melch or
Wasser met orrer a Gemesch uss Wasser, Essig un Zucker. Schmog good.
Dat dronke mr awwer net onnerweijns, sonnern bi ner Pause, wenn mr op
dr Wees or op nr Muahr soaßen. Nur ab un zoo, wenn mr moa ne Mark e
dr Däsche hadden, gengen mr zom Geschäft, kaufden ne Cola un e
Bröartche und dronken un oaßen dat op der Trebbe vorm Geschäft. Op
de Idee, dat em Goa or Laufe ze mache, koamen mr erscht gar net.
Opp dr Arwet
Als mr zor Arwet
mossden, genge mr zo Fooß – weil de Arwetsplätze doamals noch oft
e dr Näh woarn ,
fuhrn bem Bus orrer bem Fahrrad. Mr hadden deheim gefröhstöckt und
oaßen un dronke e de Pausen. Werrer deheim goaw et baal Oawendesse.
Et hätt also esofern
nix gefählt. Dat hätt bes witt e de Zweidausernder Joahrn un bis
itz bi oos so aagehaale. Mr haale et for wittuss
gemödlicher, a nem fesde Ort zo esse on zo drenke als bim Goah.
Desweje bruchden mr och kinn Plastik-
orrer Bappbecher.
Manche möje dat
vielleicht anners seh. Ett
ess äwe be veelen Denge so: Modern
ess längst net emmer och besser. (Georg
Hainer)
Hochdeutsch
Wir brauchten keine Pappbecher und
„Kaffee To Go“
Mai
2019. Wie wir im Fernsehen
sehen und hören, ist die Welt voller Papp- und Plastikbecher – von
Milliarden wird geredet. Das
soll nicht gut für die Umwelt sein, weil die
Dinger überall rumliegen
und entsorgt werden müssen. Außerdem müssen die Becher produziert
werden, ob aus Plastik oder Pappe. Die
Leute reden von „Kaffee
to go“, also Kaffee (trinken)
beim Gehen. Früher
brauchten wir so etwas nicht und vor 20 Jahren auch noch nicht.
Statt gemütlich
eine Tasse Kaffee zum Frühstück, nachmittags oder auf der Arbeit in
der Pause zu trinken, machen das viele jetzt unterwegs. Sie haben es
vielleicht eilig. Aber warum? Ja, die Zeiten sind „schnelllebig“,
aber Zeit kann man sich trotzdem nehmen.
Als
Kinder waren wir es gewohnt, zu Hause zu frühstücken, mittags zu
essen und abends. Manches Mal auch noch nachmittags ein Brot mit
Marmelade. Wenn wir zum Fußballspielen gingen, bekamen wir eine
Flasche mit Milch oder Wasser mit oder ein Gemisch aus Wasser, Essig
und Zucker. Schmeckte gut. Das tranken wir aber nicht unterwegs,
sondern bei einer
Pause, wenn wir auf der Wiese oder Mauer saßen. Nur
ab und zu, wenn wir einmal eine Mark in der Tasche hatten, gingen wir
zum Geschäft, kauften eine Cola und ein Brötchen und tranken und
aßen das auf der Treppe vor dem Geschäft. Auf die Idee, das beim
Gehen oder Laufen zu machen, kamen wir erst
gar nicht.
Auf der Arbeit
Als
wir zur Arbeit
mussten, gingen wir zu Fuß – weil die Arbeitsplätze damals noch
oft in der Nähe waren – , fuhren mit dem Bus oder Fahrrad. Wir
hatten zu Hause gefrühstückt und aßen und tranken in den Pausen.
Wieder daheim, gab es bald Abendessen. Es hat also insofern an nichts
gefehlt.
Das hat bis weit in die Zweitausender Jahre und bis jetzt bei uns so
angehalten. Wir halten es für weitaus gemütlicher, an einem festen
Ort zu essen und zu trinken, als beim Gehen. Deshalb brauchen wir
auch keine Plastik- oder Pappbecher. Manche
mögen es anders sehen. Es
ist eben wie bei vielen Dingen so: Modern ist längst nicht immer
auch besser. (Georg
Hainer)