Große Schultüten mit Süßem gehörten auch damals dazu, egal, ob Junge (l. 1954) oder Mädchen (1956), hier im Siegerland. Schön. (Montage/Repro/Fotos: presseweller)
Auch früher im Siegerland begann
damit ein neuer Lebensabschnitt
23. August 2016. Siegen
(presseweller). Die langen Sommerferien sind vorbei. In
Nordrhein-Westfalen beginnt am 24. August die Schule. Die I-Männchen,
die Neuanfänger, haben meist noch einen Tag Zeit. Für diese Mädchen
und Jungen beginnt aber damit zugleich ein neuer Lebensabschnitt. So
war es schon immer, auch schon in den 1950er-Jahren im Siegerland. „Jetzt beginnt
der Ernst des Lebens!“ sagten und sagen viele.
Nach den
Sommerferien fällt der Wiederbeginn der Schule vielen nicht leicht.
Nach Ausruhen und Urlaubsfreuden muss wieder „gebüffelt“ werden.
Lernen, Klassenarbeiten, möglichst gute Noten, immer mit der
Zielrichtung Versetzung. Aber man kennt es ja. Anders ist das bei den
rund sechsjährigen Kindern, die jetzt in die Schule kommen. Freuen
sie sich noch auf und über die gut gefüllte Schultüte mit Süßem,
Obst und mit vielem anderen, was man sich vielleicht gewünscht hat,
spüren sie spätestens am zweiten Tag, dass sich alles verändert
hat: statt mit anderen oder alleine zu spielen, müssen sie nun
morgens pünktlich in der Schule sein, still und aufmerksam auf dem
Stuhl sitzen und können in den teils kurzen Pausen ein bisschen
„abhängen“. Dann weiter, bis die Glocke endlich zum Schulschluss
klingelt. Nein, nein, das ist nicht nur zum Kennenlernen mal eine
Woche so. Es geht so mindestens zehn Jahre weiter. Eine völlige
Veränderung des Lebens, aber der Nachwuchs gewöhnt sich daran wie
alle Generationen vorher.
Früher ähnlich, aber anders
In den 1950er-Jahren
war es ähnlich. Einerseits gab es den Wunsch, in die Schule gehen zu
können, mehr Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen, andererseits
endete auch für uns damaligen I-Männchen die unbeschwerte Zeit des
Spielens, des Zu-Hause-Seins, der Mutter am Rock zu hängen sowie
vor- und nachmittags rauszugehen. Auch wir freuten uns auf die
Schultüte. Meist war sie mit Süßigkeiten gefüllt, weil es
Bonbons, Schokolade, Plätzchen nicht alle Tage gab. Eventuell war am
Wochenende mal an eine Süßigkeit zu denken. Teils war auch ein
Federmäppchen oder ein Wasserfarbkasten in der großen bunten Tüte.
Schön.
Die neue Schulzeit
begann bereits damit, dass wir uns in Reih' und Glied anstellen
mussten, bis die „Freigabe“ zum Eintritt in die Schule erteilt
war. Gegenüber heute war anders, dass wir noch Schulbänke mit
kleinen Pulttischen hatten, mit Tafeln und Kreidegriffeln
ausgerüstet waren sowie mit dem wichtigen Wischtuch. Es gab noch
keinen Nachmittagsunterricht. Wir waren mittags zum Essen zu Hause!
Wunderbar. Wir lernten nach und nach das von Bildern unterstützte
Lesen, das ABC, das Schreiben einzelner Buchstaben und bald kurzer
Wörter in linierten Heften. Es gab später auch noch Schönschrift.
Einschulung und Klassenwechsel waren zu unserer Zeit und noch lange
danach zu Ostern. Lehrer konnten damals streng sein. Es gab noch
einige Jahre etwas mit dem Rohrstöckchen oder eine Backpfeife. Gut,
dass diese so genannte „körperliche Züchtigung“ irgendwann ein
Ende nahm.
Die Diesterwegschule am Rosterberg in Siegen: Früher achtjährige Volksschule, wie sie viele Kinder erlebt haben, seit Jahrzehnten Grundschule.
Lehrstelle nach der Schule
Anders als heute war
auch manches andere. Katholische und evangelische Kinder gingen meist
nicht in die selbe Volksschule. In unserem Bezirk in Siegen waren
die katholischen Schüler in der Hammerhütte-, die evangelischen in
der Diesterwegschule. Die Schule war ortsnah! Vor allem aber gab es
teils noch andere Fächer als heute, und die Volksschule endete nach
acht Jahren. In dieser Zeit hatten sich die meisten ein so breites
Wissen angeeignet, dass es nur selten Probleme gab, eine Lehrstelle
zu finden und die Lehre erfolgreich abzuschließen. So manche konnten
dann oft in der selben Firma oder in einer anderen weiter aufsteigen,
bis zu leitenden Positionen. Die schulische Alternative war, nach der
vierten oder fünften Klasse zur Realschule oder zum Gymnasium zu
wechseln. Klar, die Zeit der schulischen Ausbildung verlängerte sich
dadurch.
Schulsystem,
Lehrweisen und vor allem Lehrstoff haben sich mannigfach verändert.
Es sah und sieht zeitweise wie ein Experimentierfeld der Politik
beziehungsweise der jeweiligen Regierungen aus.
Die I-Männchen von
heute werden irgendwann einmal darüber berichten können, wie es
ihnen 2016 nach der Einschulung ergangen ist.
Allgemeine
Hinweise: Klar, wir schreiben I-Männchen und Schüler, weil wir
beides für einen übergeordneten Begriff halten wie Mensch, wie
Bürger usw. In manchen anderen Bundesländern beginnt die Schule
erst demnächst.
Schulweg: Je
nach dem, ob die Schule zu Fuß zu erreichen ist, sollten Eltern den
Weg mit dem Kind geübt haben oder die erste Zeit mitgehen. Wenn
nicht zu Fuß erreichbar, wie heute leider öfter, sind es der Weg
zur Bushaltestelle und das Verhalten an der Haltestelle. Motorisierte
Verkehrsteilnehmer sind gefordert, in Schulbereichen besonders
vorsichtig zu fahren, Tempolimits wie „30“ zu berücksichtigen
und gegebenenfalls noch viel zu langsamer zu fahren! Ist leider
längst nicht immer so.