Dienstag, 23. August 2016

Schulanfang: I-Männchen unterwegs


Große Schultüten mit Süßem gehörten auch damals dazu, egal, ob Junge (l. 1954) oder Mädchen (1956), hier im Siegerland. Schön. (Montage/Repro/Fotos: presseweller)


Auch früher im Siegerland begann damit ein neuer Lebensabschnitt

23. August 2016. Siegen (presseweller). Die langen Sommerferien sind vorbei. In Nordrhein-Westfalen beginnt am 24. August die Schule. Die I-Männchen, die Neuanfänger, haben meist noch einen Tag Zeit. Für diese Mädchen und Jungen beginnt aber damit zugleich ein neuer Lebensabschnitt. So war es schon immer, auch schon in den 1950er-Jahren im Siegerland. „Jetzt beginnt der Ernst des Lebens!“ sagten und sagen viele.

Nach den Sommerferien fällt der Wiederbeginn der Schule vielen nicht leicht. Nach Ausruhen und Urlaubsfreuden muss wieder „gebüffelt“ werden. Lernen, Klassenarbeiten, möglichst gute Noten, immer mit der Zielrichtung Versetzung. Aber man kennt es ja. Anders ist das bei den rund sechsjährigen Kindern, die jetzt in die Schule kommen. Freuen sie sich noch auf und über die gut gefüllte Schultüte mit Süßem, Obst und mit vielem anderen, was man sich vielleicht gewünscht hat, spüren sie spätestens am zweiten Tag, dass sich alles verändert hat: statt mit anderen oder alleine zu spielen, müssen sie nun morgens pünktlich in der Schule sein, still und aufmerksam auf dem Stuhl sitzen und können in den teils kurzen Pausen ein bisschen „abhängen“. Dann weiter, bis die Glocke endlich zum Schulschluss klingelt. Nein, nein, das ist nicht nur zum Kennenlernen mal eine Woche so. Es geht so mindestens zehn Jahre weiter. Eine völlige Veränderung des Lebens, aber der Nachwuchs gewöhnt sich daran wie alle Generationen vorher.

Früher ähnlich, aber anders

In den 1950er-Jahren war es ähnlich. Einerseits gab es den Wunsch, in die Schule gehen zu können, mehr Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen, andererseits endete auch für uns damaligen I-Männchen die unbeschwerte Zeit des Spielens, des Zu-Hause-Seins, der Mutter am Rock zu hängen sowie vor- und nachmittags rauszugehen. Auch wir freuten uns auf die Schultüte. Meist war sie mit Süßigkeiten gefüllt, weil es Bonbons, Schokolade, Plätzchen nicht alle Tage gab. Eventuell war am Wochenende mal an eine Süßigkeit zu denken. Teils war auch ein Federmäppchen oder ein Wasserfarbkasten in der großen bunten Tüte. Schön.
Die neue Schulzeit begann bereits damit, dass wir uns in Reih' und Glied anstellen mussten, bis die „Freigabe“ zum Eintritt in die Schule erteilt war. Gegenüber heute war anders, dass wir noch Schulbänke mit kleinen Pulttischen hatten, mit Tafeln und Kreidegriffeln ausgerüstet waren sowie mit dem wichtigen Wischtuch. Es gab noch keinen Nachmittagsunterricht. Wir waren mittags zum Essen zu Hause! Wunderbar. Wir lernten nach und nach das von Bildern unterstützte Lesen, das ABC, das Schreiben einzelner Buchstaben und bald kurzer Wörter in linierten Heften. Es gab später auch noch Schönschrift. Einschulung und Klassenwechsel waren zu unserer Zeit und noch lange danach zu Ostern. Lehrer konnten damals streng sein. Es gab noch einige Jahre etwas mit dem Rohrstöckchen oder eine Backpfeife. Gut, dass diese so genannte „körperliche Züchtigung“ irgendwann ein Ende nahm.



Die Diesterwegschule am Rosterberg in Siegen: Früher achtjährige Volksschule, wie sie viele Kinder erlebt haben, seit Jahrzehnten Grundschule. 


Lehrstelle nach der Schule

Anders als heute war auch manches andere. Katholische und evangelische Kinder gingen meist nicht in die selbe Volksschule. In unserem Bezirk in Siegen waren die katholischen Schüler in der Hammerhütte-, die evangelischen in der Diesterwegschule. Die Schule war ortsnah! Vor allem aber gab es teils noch andere Fächer als heute, und die Volksschule endete nach acht Jahren. In dieser Zeit hatten sich die meisten ein so breites Wissen angeeignet, dass es nur selten Probleme gab, eine Lehrstelle zu finden und die Lehre erfolgreich abzuschließen. So manche konnten dann oft in der selben Firma oder in einer anderen weiter aufsteigen, bis zu leitenden Positionen. Die schulische Alternative war, nach der vierten oder fünften Klasse zur Realschule oder zum Gymnasium zu wechseln. Klar, die Zeit der schulischen Ausbildung verlängerte sich dadurch.
Schulsystem, Lehrweisen und vor allem Lehrstoff haben sich mannigfach verändert. Es sah und sieht zeitweise wie ein Experimentierfeld der Politik beziehungsweise der jeweiligen Regierungen aus.
Die I-Männchen von heute werden irgendwann einmal darüber berichten können, wie es ihnen 2016 nach der Einschulung ergangen ist.

Allgemeine Hinweise: Klar, wir schreiben I-Männchen und Schüler, weil wir beides für einen übergeordneten Begriff halten wie Mensch, wie Bürger usw. In manchen anderen Bundesländern beginnt die Schule erst demnächst.

Schulweg: Je nach dem, ob die Schule zu Fuß zu erreichen ist, sollten Eltern den Weg mit dem Kind geübt haben oder die erste Zeit mitgehen. Wenn nicht zu Fuß erreichbar, wie heute leider öfter, sind es der Weg zur Bushaltestelle und das Verhalten an der Haltestelle. Motorisierte Verkehrsteilnehmer sind gefordert, in Schulbereichen besonders vorsichtig zu fahren, Tempolimits wie „30“ zu berücksichtigen und gegebenenfalls noch viel zu langsamer zu fahren! Ist leider längst nicht immer so.